Wohl kein Lauf in Mitteleuropa startet früher am Morgen als der Klassiker in Thüringen. Genauer: der vom Lauffeuer Fröttstädt e.V. östlich von Eisenach unter der bewährten Regie von Gunter Rohde und seinem bärenstarken Team organisierte Landschaftslauf durch den Thüringer Wald. Noch in stockfinsterer Nacht geht es morgens um 4 Uhr von der Dorfwiese beim knisternden Schein vieler Holzfackeln los auf die 100 Kilometer lange Runde mit 2.200 Höhenmetern rauf und wieder runter.
Um die 300 Läufer/innen im Einzelbewerb waren für Samstag, 06. Juli, gemeldet, 273 Ultras finishten innerhalb der 18 erlaubten Stunden bis zur Abenddämmerung; einige waren nicht am Start und nur 13 erreichten auf der anspruchsvollen Strecke nicht das Ziel. Eine Stunde nach den Einzelläufern gingen auch viele Zweier- und Viererstaffeln im Rennen. Für die meisten von uns bietet sich selten Gelegenheit, die Morgendämmerung so aktiv zu erleben. Für alle Läufer und Läuferinnen war die kühle Frische am Morgen bei den ersten Bergpassagen sehr willkommen, denn ab 9 Uhr wurde es richtig warm mit über 25 Grad im Schatten, den es nicht immer gab.
Rainer Leyendecker, RSLC Holzkirchen, startete wie üblich zügig und lag nach 10 Kilometern an 10. Position. Doch in der 1. Halbzeit lief es nicht so wie erwartet und er wurde von Dutzenden Läufern überholt, was ihm selten passiert. Erst nach dem Umziehen am Sportplatz von Floh bei Kilometer 50, wo die Läufer Gepäck deponieren durften, kam für Rainer frischer Wind auf und er forcierte sein Tempo am mit 7 Kilometern längsten Anstieg. Das zeigte für die 2. Halbzeit Früchte: seine Überholtour begann, die Motivation stieg, die Kraftreserven kamen zum Einsatz - und er machte Platz für Platz gut.
Das Team vom Lauffeuer hatte wieder 16 Versorgungsstationen mit freundlichen Helferteams auf der Runde postiert, so dass die Läufer etwa alle 6 Kilometer Drinks und Snacks nachtanken konnten. Bei Kilometer 66 war Rainer schon mit der führenden Dame gleichauf und er spürte den Sog, wenn er Läufer vor sich sah. So lief er forsch und öfters überholend durch die Wälder bis zu Kilometer 86. Denn die letzten 14 Kilometer ging es über Wege zwischen Wiesen und Feldern unter praller Mittagssonne und er wollte nur noch seinen Platz sichern.
Heraus kam für Rainer der 24. Gesamtplatz mit 10 Std. und 18 Min. und wieder mal ein hart erkämpfter Altersklassensieg unter 30 Mitläufern der AK 55-59 Jahre. Die Siegerin der Damen war nur 8 Minuten hinter Rainer, der Gewinner bei den Männern erlief mit 7:55 Std. einen grandiosen neuen Rekord für diesen schweren Bewerb. Dieser Hunderter - eine runde Sache? Für Rainer schon: denn er finishte seinen 60. Ultra in 4 Jahren und gewann zum 40. Male seine Altersklasse. 9x Zweiter und 3x Dritter runden seine bisherige Erfolgsserie ab.
Mehrere flache und bergige Ultras mit über 100 Kilometer Länge hat Rainer Leyendecker nun im Visier und schon gebucht. Wir dürfen gespannt sein, wie es da läuft und ob es Erfolgserlebnisse zu berichten gibt. Bei so langen und schweren Rennen darf schon das Ankommen innerhalb des Zeitlimits als Erfolg zählen - und alles muss passen, um eine gute Platzierung zu erreichen - Scheitern ist einzukalkulieren.